Hoch Tirol – über den Venediger zum Glockner

„Die Skiroute Hoch Tirol ist wohl die eindrucksvollste und atemberaubendste Hochgebirgsdurchquerung in den Ostalpen.“ – meint der TVB Osttirol in seiner Werbung. Grund genug für uns Alpenrautler einmal „schaug’n zu gehen“ um das zu überprüfen und gleichzeitig den langgehegten Plan diese Durchquerung zu machen in die Tat umzusetzen. 4 Tage haben wir uns eingeräumt und das gefühlt unendliche Frühlingshoch sollte unseren Versuch vor dem Wetterumschwung wohl gerade noch gewähren lassen.

Unsere Hoch Tirol beginnt nicht in Kasern sondern in Ströden. Aufgrund der geringen Schneelage und der sicheren Verhältnisse – und auch weil einfacher zu organisieren – reisen wir am Samstag um 5 Uhr in Ströden an und marschieren zunächst die Schi am Rucksack an der Pebell Alm vorbei, dann mit Schi weiter zu Clara Hütte und schließlich bis zum Umbalkees wo wir auf die Aufstiegsspur der Kasern Variante treffen. Um bei Traumwetter den ersten Tag auszukosten, steigen wir über das Kees bis auf die Vordere Gubachspitze und beim Abstieg lassen es sich Stefan und Michl nicht nehmen auch den selten bestiegenen Reggentörl Turm mitzunehmen. Simonyspitze oder Dreiherrenspitze lachen uns zwar an, ob der geplanten Höhenmeter, die noch in den nächsten Tagen auf uns warten, verzichten wir aber darauf. So schwingen wir am frühen Nachmittag in so etwas ähnlichem wie Firn zur Essener Rostocker Hütte hinunter und „regenerieren“ auf der Sonnenterasse. In der überfüllten Hütte gibt es durchaus Potenzial das Buffett am Abend organisatorisch besser zu gestalten und trotz interessanter Geruchskulisse im Lager kriechen wir zeitig in die Schlafsäcke, um die Dank Zeitumstellung verkürzte Nacht für ausreichend Schlaf zu nutzen. Da es auf der Hütte erst um 7 Uhr Frühstück gibt, versuchen wir am vorbereiteten Buffett die Energiespeicher für den Tag zu füllen und stehen um 6 Uhr pünktlich auf den Schiern um noch im Dunkeln dem Maurertal in Richtung Geiger zu folgen. 

Über das Maurerkees steigen wir zum Großen Geiger auf, der sich noch beinahe mit Schi erreichen lässt. Nach einem Abstecher zum Gipfel kehren wir auf dem Grat zurück, wo wir auf ca. 3310 m mit dem Abseilen in Richtung Dorferkees beginnen. Unsere beiden 30 m Seile reichen aus,um bis auf den Schnee zu gelangen, aufgrund der Verhältnisse entscheiden wir uns jedoch ca. 100 Hm mit den Steigeisen abzusteigen und erst dann auf Schi zu wechseln. Die Abfahrt führt uns hinüber Richtung Obersulzbachtörl wo wir auf knapp 2800 m auffellen um über das Dorferkees in Richtung Venediger Gipfel aufzusteigen. Ca. 250 m unter dem Gipfel kommen die Schi wieder auf den Rucksack und wir stapfen die steile Südrinne(Lammerrinne) die nur 10 m neben dem Gipfelkreuz auf den Normalweg trifft zum höchsten Punkt hinauf. Wegen der frischen Briese fällt die Gipfelrast am 2. höchsten Gipfel unserer Tour (3657 m) nur kurz aus und so nehmen wir bald die Abfahrt über das stark zerklüftete Schlatenkees in Richtung Pragerhütte in Angriff. Sahara Staub und der Windeinfluss während der langen Schönwetterperiode begrenzen unsere Abfahrtsfreuden, dennoch führt uns Michl zügig ins Gschlöss – er scheint Durst zu haben. Die immer wieder herrliche Skating Passage bringen wir dann auch noch hinter uns und finden uns bald in der warmen Märzsonne auf der Terrasse vom Matreier Tauernhaus wieder. Wieder (wie auch am ersten Tag) zeigt der mitlaufende Track 2000 Hm. Bestens versorgt vom Team der Familie Brugger füllen wir unsere leeren Speicher wieder auf. Dann ist es Zeit Michl zu verabschieden, der nur die ersten beiden Etappen begleitet. Frisch geduscht und nach Zimmerstunde ausgeruht erfreuen wir uns an der Küche, um dann an der Theke noch den einen oder anderen Schlummertrunk zu nehmen. Den nächsten Tag sehen wir als „Regenerationstour“, d.h. ausschlafen und Frühstück genießen stehen am Programm. 

Wieder bei herrlichem Wetter starten wir um kurz vor 8 Uhr über die Ersatzstraße in Richtung Amertaler Höhe. Trotz wenig Schnee in der Sonnseite finden wir tadellos den Übergang ins Landeggtal. Wir fahren zum Schandlasee hinunter – ostseitig sind die Verhältnisse einigermaßen ok – und fellen wieder auf. Vorbei an der Karl-Fürst-Hütte geht es zur Granatscharte, wo es mit der Ruhe vorbei ist. Die dank Seilbahnanschluss gut frequentierte Rudolfshütte sorgt dafür, dass ambitionierte 3000er Alpinisten am Sonnblick und auf der Granatspitze ideale Objekte ihrer Begierde finden. Wir besteigen die Granatspitze und schaffen es den Gipfel für uns allein zu haben. Die Abfahrt zur Rudolfshütte könnte freundlich als interessant beschrieben werden, Stefan findet aber eine Linie, die uns beinahe ohne Skatingeinlage am Stausee vorbei zur „Hütte“ bringt. Die „Regenerationstour“ bringt 1900 Hm im Aufstieg, ist aber doch einiges weniger anstrengend als die an den Tagen vorher. Dem Apres Ski auf der Sonnenterasse folgt eine Erkundungsexpedition durch die verschiedenen Gebäude des Komplexes. Wir übersehen aber dass es nach Liftschluss und dem damit verbundenen Schließen des SB Restaurants bis zum Abendessen nichts zum Essen gibt – also Speicher nicht zwischenfüllen, Nahrungsaufnahme auf flüssig umstellen und die Abendessenszeit auf den ersten Slot vorverlegen. Die Konzentration scheint auf der „Hütte“ nicht vornehmlich auf den Schihochtourist zu liegen, was sich auch bei den Frühstückszeiten widerspiegelt. Statt Frühstück bietet man uns ein Lunchpaket samt Extrawurstsemmel, Sunkist und S-Budget Riegel an. 

Wieder stehen wir um 6 Uhr auf den Schiern. Gestärkt mit Extrawurstsemmelfrühstück fällt der Anstieg über die Piste des Medelzkopflift leicht. Im ersten Licht fahren wir in das Ödenwinkelkees hinunter – die Verhältnisse wieder pickelnd (!) – um dann über Hoher Sand und Gamskopf zur Oberen Ödenwinkelscharte aufzusteigen. Wir fahren rund um den Johannisberg – bei beschissenen Verhältnissen – zum Pasterzenboden hinunter, um dann über den Schneewinkel zum Fuß des Grates der Romariswandköpfe zu gelangen. In leichter Kletterei überschreiten wir die Romariswandköpfe und queren dann, wieder auf Schi, zunächst über das Fruschnitzkees zum Gramulsattel und weiter über das Teischnitzkees zum Luisenkopf. Die Rinnen hinunter auf das Ködnitzkees sind wegen des Schneemangels nicht mehr mit Schi befahrbar, weshalb wir absteigen und dann zum Kampl hinüber queren. Am Kampl lassen wir die Schiausrüstung zurück und steigen über den Klettersteig zur Adlersruhe hinauf. Über den Normalweg erreichen wir schließlich bei alles anderen als Winterverhältnissen den höchsten Punkt unserer Durchquerung, den Gipfel des Großglockner (3798 m). Das Wetter hat gehalten, auch wenn sich der Himmel mittlerweile eintrübt und die ersten Flocken vom Himmel tanzen. Wir haben die 8200 Hm auf einer Strecke von 92,5 km in 4 Tagen bewältigt. Auch die Abfahrt zum Luckner Haus kann wegen der schlechten Verhältnisse keine Freude hervorrufen, wir ziehen aber trotz Schneemangels unsere Schi bis zum Parkplatz nie aus. Endlich können Peter, Patrick und ich unseren Obmann hochleben lassen. Wir stoßen auf seinen runden Geburtstag an (wird wohl nicht gar ein 4er vorne stehen) und freuen uns über das Gelingen unseres Plans. 

Wir können nun bestätigen, dass diese Durchquerung den Vergleich mit anderen alpinen Unternehmungen in den Ostalpen sicher nicht zu scheuen braucht. Auch wenn die Verhältnisse aufgrund der geringen Niederschläge dieses Winters nicht berauschend waren, die Schönheit der Osttiroler Gletscherwelt ist atemberaubend. Wir haben es genossen diesmal unseren Urlaub „daham“ gemacht zu haben. (AT)